
Allein der Moment, in dem wir auf den Auslöser drücken, gibt nur den Blickwinkel der Wirklichkeit wieder, wie sie der Fotograf im Moment des Auslösens gesehen hat. Doch das ist ja noch okay – der Blick durch den Sucher (oder Screen) zeigt zumindest im Moment des Klicks die Wirklichkeit. Doch was auf dem Bild ankommt, ist die Summe vieler Manipulationen, die einem gar nicht bewusst sind.
Die Kameravoreinstellungen (Weißabgleich, Automatiken), RAW oder jpg, die Wahl des Objektives selbst, all das beeinflusst bereits das Ergebnis ohne das man sich Gedanken darüber macht.
Gerade die Wahl von RAW oder jpg als Ausgabedatei beeinflusst das Bildergebnis enorm. Eine raw-Datei muss entwickelt werden, wie ein Negativ. Darüber gibt es diesen Eintrag: Wissenswertes über das Fotografieren im raw-Format.
Und ein jpg? Hier übernimmt die Kamera aufgrund der Voreinstellungen die Optimierung des Bildes. Es wird also auch hier schon an der Wirklichkeit herum gearbeitet.
War das denn früher mit der analogen Fotografie anders?
Nein, war es nicht.
Ganz, ganz früher war das Ergebnis des Fotografierens beim Entwickeln auch von zig Faktoren abhängig und konnte auf vielerlei Weise beeinflusst werden. Filmmaterial, Temperatur der Bäder, benutzte Chemikalien und ganz besonders das Fotopapier.
Etwas später beeinflusste das Ergebnis dann auch die Entscheidung, welches Filmmaterial man verwendete. Am besten dürften allen älteren Filmenthusiasten noch die knalligen Kinofilme in Erinnerung sein. Wegen der kräftigen Farben auch oftmals als „Glotzcolor“ bezeichnet. Auch heute noch haben die jeweiligen analogen Filmmaterialien ihre Besonderheiten. Die bekanntesten Hersteller waren Kodak, Fujifilm, Agfa, Rollei, Konica und einige andere Marken.
Wurde in der Dunkelkammer nicht auch Manipuliert?
Aber ja, und wie. Am bekanntesten sind „nachbelichten“ und „abwedeln“. Und das verwenden wir auch heute noch in unserem elektronischen Labor namens Bildbearbeitungssoftware. Und während „früher“ alles von Hand im Dunkeln und bei Rotlicht gemacht wurde, haben wir heute dieselben Möglichkeiten und nutzen sie.
Ja, aber, damals wurde noch nicht so wirklich gefälscht wie heute.
Oh doch. Was wir heute teilweise mit wenigen Klicks erreichen, erarbeiteten damals Retuscheure. Das waren Fotolaboranten, die einzelnen Bilder von Hand mittels Chemikalien nachretuchiert haben. Auch das Schaffen neuer Bilder durch Übereinander belichten von Negativen war weit verbreitet.
Es gab also schon immer so etwas wie Bildbearbeitung. Auch in der „analogen“ Zeit der Fotografie. Wir tun also heute nichts anderes, als es von Anbeginn der Fotografie war. Wir zeigen „unseren“ Augenblick, „unserer“ Wirklichkeit.
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